Fronleichnam
Nicht der Magen knurrt, es stöhnt die Seele
Gedanken zum Fest Fronleichnam
„Brot vom Himmel hast du uns gegeben“, so singt der Priester auf dem Höhepunkt der Fronleichnamsprozession, bevor er das heilige Brot, den „Leib des Herrn“, Fronleichnam, zum Segen emporhebt. Und alle Anwesenden geben zur Antwort: „das alle Erquickung in sich birgt“. Welch eine Botschaft! Himmlisches Brot, das nicht nur den Hunger stillt, sondern glücklich macht. Wo gibt es dieses Brot? Minuten später sind wir wieder auf dem Nachhauseweg, zurück in unserer Familie, zurück im Alltag, mitten in unseren Sorgen, Ängsten und Problemen, weit weg von jeglicher „Erquickung“. Was ist geschehen? Wir haben dieses Brot zu uns genommen, aber geblieben ist die Not, der Mangel, die Erschöpfung. Hat etwa dieses Brot nur unseren Mund erreicht, aber nicht unser Herz?
Es ist nicht das Knurren des Magens, es ist das Stöhnen der Seele, das uns wieder in die Wirklichkeit zurückholt. Wo ist das „himmlische Brot“ bei so viel irdischer Not? Wird es nicht mehr ausgeteilt? Macht das „Brot“, das die Kirche verteilt, nicht mehr satt? Ist es zu hart geworden, dass wir es nicht mehr essen können und nur noch wenige sich daran die Zähne ausbeißen? Hat es seine Würze verloren, ist es gar verschimmelt, hat es sein Verfallsdatum bereits überschritten? Oder werden uns nur noch Süßigkeiten vorgesetzt, die wir zwar begierig essen, die aber keine Kraft besitzen und am Ende krank machen? Liegt es nicht auch an uns selber? Vielleicht haben wir keinen Hunger mehr nach diesem Brot? Zweifel und Enttäuschungen mit der Kirche können noch schwer im Magen liegen und uns gegen dieses Brot allergisch gemacht haben. Immer neue, ausgefallenere Sinnangebote umgeben, übersättigen uns, wir lassen uns bei unserer Weltanschauung immer mehr vom Gaumenkitzel treiben oder wir haben uns unsere Seele durch manch üble Gewohnheit schon so gründlich verdorben, dass wir nichts mehr aufnehmen können und uns verschließen.
Was notwendig ist zum Leben
Die Kirche muss mit uns gehen, hinter uns stehen und all das immer wieder „hochhalten“, was wir zum Leben notwendig brauchen: das Recht auf Nahrung, Unversehrtheit und Freiheit, das Recht auf Geborgenheit und Schutz, die Hoffnung auf Lebenssinn und Heil. Die Kirche muss hinter uns stehen, wenn uns jemand dieses „Brot“ wegnehmen, vorenthalten, verderben oder vergiften will.
Stanislaus Klemm